Sehr geehrter Herr Prof. Ewen,
vielen Dank für Ihre Antwort, die trotz des Feiertages so schnell kam.
Ich bin mit Allem was Sie schreiben im Großen und Ganzen da core, vor allem was den Schutz vor Strahlung betrifft. Und mir ist klar, dass Sie persönlich an den Gesetztesvorgaben nicht viel ändern können. Doch dachte ich, dass Sie vielleicht mit in einer Kommission sitzen oder zumindest die wichtigen Leute kennen.
Was mir (SSB an einem kleinen Haus der Grundversorgung) zu schaffen macht, ist, dass ich bei noch so viel Internetrecherche zum Begriff „Ständige Aufsicht und Überwachung“ in diversesten Veröffentlichungen Meinungen vorfinde, u.a. von Ärztekammern usw., aber keine konkreten Durchführungsbestimmungen. Im Gesetz finde ich den Passus „jederzeit die Möglichkeit haben, den Patienten zu untersuchen.“ So wie es z.B. die Ärztekammer im Saarland definiert, darf ich als Strahlenschutz-fachkundiger Arzt eigentlich gar nichts mehr tun, was länger als einige wenige Sekunden dauert, z.B. darf nicht endoskopieren oder operieren, denn da kann ich ja nicht so einfach abtreten um sofort den Patienten zu untersuchen. Die Realität ist einfach eine andere. In einer anderen Plattform finde ich die Definition „sich auf dem Krankenhausgelände aufhalten und innerhalb von 15 Minuten den Patienten untersuchen können.“ Da frage ich mich, warum muss ich diese 15 Minuten, die mir an Zeit eingeräumt wird, auf dem Krankenhausgelände sein und nicht zu Hause (ca. 5 Minuten zu Fuß, entsprechend kürzer mit Auto oder Fahrrad). Auch heißt es ja „untersuchen können“ und nicht „müssen“, d.h. ich muss gar nicht jeden Patienten sehen. Ich „kann“ das sogar besser, wenn ich zu Hause sitze und 5 Minuten in die Klinik brauche als wenn ich „auf dem Klinikgelände“ bin, aber in einer komplizierten Prozedur oder OP feststehe. Oder soll man den Patienten in den OP oder den Endoskopieraum bringen, damit ich ihn dort sehen kann? Dies würde zumindest den Erlebniswert für den Patienten steigern. (Satire).
Was mich eben stört ist die Undifferenziertheit der Forderung nach Aufsicht und Verantwortung und die Schwammigkeit der Begrifflichkeit. In einem Urteil des VG Stuttgart (Urteil vom 11. Mai 2012 • Az. 4 K 3381/11) wird indirekt eine differenziertere Herangehensweise angedeutet, in dem „unmittelbare“ und „ständige“ Aufsicht unterschieden werden (diesen Unterschied kennt die RöV aber gar nicht). In der Urteilsbegründung heißt es unter Anderem : „Fraglich ist allerdings, welchen Intensitätsgrad die „ständige Aufsicht und Verantwortung“ eines Arztes mit der erforderlichen Fachkunde erreichen muss. Aus der Regelung des § 82 Abs. 2 StrlSchV geht hervor, dass es einer solchen ständigen Aufsicht und Verantwortung bei den Berufsgruppen der Nrn. 1 und 2 (also Ärzte, Anmerkung von mir) nicht bedarf. Hier beschränkt sich die Aufgabe des die Behandlung anordnenden und verantwortenden Facharztes auf Stichproben und Kontrollen.´ Und diese Äußerung betraf eine Strahlentherapie-Praxis!
Und sicherlich hat die unmittelbare Aufsicht und die Möglichkeit, in den Prozess einzugreifen, bei einer Strahlentherapie eine ganz andere Wichtigkeit als beim Röntgen eines Thorax oder eines Sprunggelenks. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat da, wenn auch bezogen auf die Strahlentherapie, durchaus auf eine solche Differenziertheit hingewiesen, leider ohne weitere Einzelheiten auszuführen.
Ich bitte um Entschuldigung für meine Beharrlichkeit, aber es ist ein Problem, dass letztendlich alle Häuser der Grund- und Regelversorgung betreffen dürfte. Vielen Dank!
Erweiterung der Frage: Fachkunde/Kenntnisse
Sehr geehrter Herr Rost, ich sehe diesen umfangreichen Beitrag hier im Forum RöV nicht als eine Frage an mich sondern als Ausführungen, die so ein wenig Ihren sicherlich nicht ganz unverständlichen Frust widerspiegeln. Deshalb gehe ich darauf nicht ein sondern lass es mal einfach so stehen. Doch eins muss ich klarstellen: Ich arbeite sicherlich in einigen den Strahlenschutz betreffenden Gremien (z.B. DIN-Arbeitskreise). Aber diese sind alle technisch-physikalisch orientiert, was für mich als Medizinphysiker auch sinnvoll ist. Ich bin kein Mitarbeiter in administrativ-rechtlichen Arbeitsgruppen oder Kommissionen, auf die ich aber, was Ihre hier geschilderten Probleme betrifft, verweisen muss (z.B. zuständige atomrechtliche Landesbehörden, Ärztekammern, Bundesumweltministerium). Mit freundlichem Gruß K. Ewen
Derzeit wird auf die Antwort eines Experten gewartet. Sobald dieser seine Antwort eingegeben hat können Sie gern Nachfragen oder ergänzend Antworten.
Bitte haben Sie etwas Geduld