Röntgen-Befundung durch Nicht-Radiologen

Sehr geehrter Herr Prof. Ewen,

ich arbeite seit wenigen Monaten in einer kleinen Klinik und befunde dort überwiegend die Schnittbilddiagnostik.
Die konventionellen Skelett-Röntgenaufnahmen werden von den orthopädischen Kollegen befundet,deren leitende Angestellte auch über die ´Fachkunde Notfall´ verfügen und erstellen auch schriftliche Befunde. Ihre Befunde versehen sie dabei stets mit dem Vorsatz ´orthopädisch-unfallchirurgischer Befund´, wohl um darauf hinzuweisen, dass sie das Bild lediglich aus ´ihrer orthopädischen Sicht´ befunden.

Nun meine Frage: Inwiefern ist dies zulässig und wie gestaltet sich die Situation, wenn ein relevanter Befund übersehen wird, der aber eventuell nicht originär orthopädischer Natur ist?
Ist es zulässig, somit im Befund nur auf bestimmte Aspekte des Röntgenbildes einzugehen?
In diesem Zusammenhang noch eine weitere Frage:
In welchem Zeitrahmen müssen radiologische Befunde zur Verfügung stehen? Existiert da eine klare Festlegung?
Vielen Dank im voraus!
bjbraun
Sehr geehrte/r Frau/Herr Braun, es passierte zwar sehr selten, aber es gibt Fragen, die sind durch das Team des Forum Röntgenverordnung nicht mehr wirklich belastbar zu beantworten. Zu diesen wenigen Fragen gehört die Frage, die Sie gestellt haben. Wir können an dieser Stelle nur unsere Auffassung zur Verfügung stellen: Wenn ein Arzt mit einer Teilgebietsfachkunde die rechtfertigende Indikation stellt und die Befundung einer Röntgenuntersuchung durchführt, dann darf sich das nach den Regelungen der Röntgenverordnung nur auf die Anwendungsgebiete beziehen, für die er über eine bescheinigte Fachkunde im Strahlenschutz nach der Röntgenverordnung verfügt. In solchen Fällen schließt die RöV die Stellung der rechtfertigende Indikation für ein anderes Anwendungsgebiet vollkommen aus. Die Befundung ist ein Teil der Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen (vgl. § 2 Nr. 1.a RöV) und darf nur durch Ärzte erfolgen, die über die erforderliche Fachkunde verfügen oder unter ständiger Aufsicht und Verantwortung eines entsprechend fachkundigen Arztes tätig werden (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 - 3 RöV). Wenn nun ein Arzt eine Befundung (Anwendung) in einem Bereich durchführt, für den er nicht fachkundig ist und auch keine Beaufsichtigung durch einen entsprechend fachkundigen Kollegen erfolgt, dann muss man in Frage stellen, ob eine solche Tätigkeit den Regeln der RöV entspricht. Nach unserer Auffassung gehört es sicherlich zur ärztlichen Kunst, dass bei der Ansicht eines Röntgenbildes auch Bereiche außerhalb der engen Fragestellung mit beurteilt werden sollten. Es müsste/sollte der in einem solchen Fall befundende Arzt mit einer nicht zutreffenden Teilgebietsfachkunde in dem nach RöV notwendigen schriftlichen Befund (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 5 RöV) darauf hinweisen, dass Auffälligkeiten erkannt wurden, diese aber wegen der formal fehlenden Fachkunde nicht befundet wurden. Wenn sich die Bildbetrachtung explizit nur auf die besondere Fragestellung bezieht, dann sollte im schriftlichen Befund hierauf eindeutig und nicht nur pauschal hingewiesen werden. Da in Ihrer Fragestellung aber sowohl Berufsrecht als auch Strahlenschutzrecht zusammenwirken, empfehlen wir Ihnen, diese Frage einem Fachanwalt für Arztrecht oder den juristischen Abteilungen der Ärztekammern vorzulegen. Zum Zeitrahmen, in dem der radiologische Befund zur Verfügung stehen muss, gibt es nach unserem Wissen keine klare Festlegung. Dies ist sicherlich von der jeweiligen Dringlichkeit bei dem einzelnen Patienten abhängig und muss vom fachkundigen Arzt schon bei der rechtfertigenden Indikation mit berücksichtigt werden. Es gilt, dass die Befundung zeitnah erfolgen muss. Ansonsten könnten sicherlich Zweifel an der Rechtfertigung der Untersuchung auftreten. Mit freundlichem Gruß K. Ewen
Klaus Ewen

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