Untertischstrahlenschutz C-Bögen bei kardiologischer Device-OP

Sehr geehrter Herr Prof. Ewen, man hat mir geraten, mich mit der o.g. Problemstellung an Sie zu wenden.
Ich bin in dem Krhs. in dem ich arbeite für die Schrittmacher- und ICD-Implantationen verantwortlich. Seit gut einem halben Jahr werden diese OP´s im OP-Trakt durchgeführt (vorher im Herzkatheterlabor mit feststehender Röntgenanlage). Im OP stehen uns C-Bögen zur Verfügung, allerdings ohne Untertischstrahlenschutz. Auf mehrmalige Nachfragen meinerseits an die Geschäftsführung wurde nur mit der TÜV-Abnahme reagiert, in der es heißt, dass mobile C-Bögen keines Untertischschutzes bedürfen. Sicherlich ist das auf die eigentliche Anwendung der C-Bögen zurückzuführen (wie z.B. Röntgenaufnahme auf ITS oder kurzfristige Anwendung in z.B. der Unfallchirurgie zur Überprüfung des eingesetzten Materials). Wenn man nun aber das Einsatzgebiet des C-Bögen auf Device-OP´s erweitert, sollte es doch unerheblich sein, ob es ein mobiler oder feststehender Röntgenstrahler ist, zumal ich bei der Device OP direkt am Röntgenstrahler stehe und keine fundamentalen Unterschiede in der Dosis der Röntgenstrahlung gibt. In den kardiologischen LL sind Untertischstrahlenschutze auch obligat vorgegeben, nur wird hier nicht reagiert weil es sich um mobile C-Bögen handelt.
Können Sie mir da weiterhelfen, ob es da eine Handhabe gibt? Ich möchte die Antwort des TÜV und der Geschäftsführung so nicht akzeptieren, da es hier um den obligaten Strahlenschutz geht. Vielen Dank im voraus,
mit freundlichen Grüssen,

Dr. N. Coban
nalan.coban
Sehr geehrter Herr Dr. Coban, die Antwort auf Ihre Frage muss man aus der Sachverständigen-Prüfrichtlinie (SV-RL) entnehmen können. Deshalb ist in Ihrem Text ja auch von der „TÜV-Abnahme“ die Rede. Wir haben zurzeit eine etwas komplizierte Situation, was die SV-RL betrifft. Einerseits gilt weiterhin die „alte“ Richtlinie vom 9.1.2009, andererseits ist eine in der Novellierungsphase befindliche „neue“ Fassung der SV-RL in Arbeit, deren Inkrafttreten zeitlich noch ungewiss ist (frühestens Ende 2017). In beiden RL-Fassungen unterscheidet man zwischen stationären sog. kombinierten Aufnahme- und Durchleuchtungsgeräten (Berichtsmuster 2.2.3) und mobilen C-Bogengeräten (Berichtsmuster 2.2.4). Mein folgender Text bezieht sich jetzt zunächst nur auf die „alte“ SV-RL, weil diese, wie gesagt, die noch gültige Fassung ist: Im Berichtsmuster 2.2.3 gibt es eine Prüfposition (03E06), die den Streustrahlenschutz fordert. Diese Forderung existiert im Berichtsmuster 2.2.4 (mobile C-Bogengeräte) nicht. Aber in der Übersicht über alle medizinisch orientierte Berichtsmuster (Kapitel 2.2 der SV-RL) findet man unter „2.2.4“ den „Hinweis“, dass unter bestimmten Anwendungen mobiler C-Bogengeräte diese nach Berichtsmuster 2.2.3 zu prüfen sind und somit die Prüfposition (03E06), also der Streustrahlenschutz, dann doch ins Spiel kommen kann. Aber diese „bestimmten“ Anwendungen betreffen nicht die Kardiologie und damit nicht Herzschrittmacher- und ICD-Implantationen. Fazit: Im Rahmen der „alten“, jetzt noch gültigen SV-RL gibt es tatsächlich auf der Basis dieser Richtlinie für kardiologische Anwendungen mit dem mobilen C-Bogengerät keine Forderung nach Streustrahlenschutz im Sinne der Prüfposition (03E06). Die entsprechende Regelung in der neusten Entwurfsfassung der SV-RL ist ähnlich strukturiert: Im Prüfberichtsmuster 2.2.3 wird der Streustrahlenschutz gefordert (Prüfposition M03E06), in Prüfberichtsmuster 2.2.4 nicht. Der bei der Besprechung der „alten“ SV-RL angesprochene „Hinweis“ zum Berichtsmuster 2.2.4 ist in der Entwurfsfassung zwar auch vorhanden, ist aber in entscheidender Weise allgemeiner formuliert: „Bei einem darüber hinausgehenden Anwendungsspektrum ist das Prüfberichtsmuster 2.2.3 anzuwenden.“ Und nichts spricht dagegen, kardiologische Anwendungen (z. B Herzschrittmacher- und ICD-Implantationen) mit in diesen Hinweis einzubeziehen. Das Problem ist nur, dass man diesen Text bisher nur in einer Entwurfsfassung findet. Unsere Empfehlung: Auch in Hinblick auf die Tatsache, dass die Augenlinsen als deutlich strahlensensibler erkannt worden sind als bisher angenommen und deswegen in der neuen Strahlenschutzgesetzgebung der Grenzwert für die Augenlinsen von 150 auf 20 mSv/Jahr (!) reduziert werden wird, sollten mobile C-Bogengeräte, mit denen kardiologische Anwendungen oder ähnlicher Art (siehe Anlage I zur Entwurfsfassung der SV-RL) durchgeführt werden, möglichst frühzeitig und unabhängig vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der „neuen“ SV-RL mit einem entsprechenden Streustrahlenschutz ausgerüstet werden. Mit freundlichem Gruß K. Ewen
Klaus Ewen

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