Frage nach Schwangerschaft bei Personal

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

vielen Dank, dass es dieses Forum gibt.

 

Bei uns in der Rettungsstelle der Radiologie ist bei Röntgenuntersuchungen zum Teil Personal aus anderen Centren des gleichen Krankenhauses anwesend und hält sich im Kontrollbereich auf. Bei einem Polytrauma hat die MTRA aus der Rettungsstelle eine Ärztin aus der Traumatologie, die den Patienten während der Röntgenuntersuchung halten musste, vorher gefragt, ob sie schwanger sei.

 

Die Ärztin hat sich daraufhin beim Personalrat und der Gleichstellungsbeauftragten darüber beschwert, dass sie von einer MTRA nach ihrem Schwangerschaftsstatus gefragt wurde. Dies verstoße gegen den Datenschutz. Zudem sei es Schwangeren nicht grundsätzlich verboten sich im Kontrollbereich aufzuhalten und es wäre allein ihre Pflicht, eine Schwangerschaft dem Strahlenschutzbeauftragten der Traumatologie mitzuteilen.

 

Strahlenschutzbeauftragter für das Gerät in der Rettungsstelle ist jedoch ein Arzt der Radiologie. Unserer Meinung nach ist er für den Strahlenschutz an dem Gerät zuständig und nicht der Strahlenschutzbeauftragte aus dem Centrum, in dem die Traumatologin angestellt ist.

 

Hat die MTRA, die die Röntgenstrahlung auslöst, das Recht bereichsfremdes Personal nach dem Schwangerschaftsstatus zu fragen? Müsste sie zuvor klären, ob das bereichsfremde Personal fachkundig ist und/oder in den letzten 12 Monaten unterwiesen wurde? In der Rettungsstelle sind die Untersuchungen oft zeitkritisch.

 

Kann der SSB des Röntgengerätes in der Rettungsstelle in einer Strahlenschutzanweisung festlegen, dass die MTRAs bei bereichsfremden Personal nach einer Schwangerschaft fragen muss oder verstößt dies gegen das Mutterschutzgesetz oder den Datenschutz?

 

 

Vielen Dank,

 

Juni

Juni

Sehr gehrte Frau/Herr Juni,

 

zunächst bedanken wir uns für diese interessante Frage. Bezüglich der Zuständigkeit gilt, dass der für das Gerät zuständige SSB für die Aufsicht zuständ ist. Bedingung ist, dass der SSV dieses Gerät zu seinem innerbetrieblichen Entscheidungsbereich in der Berufung erklärt hat. Die MTRA für diesen Bereich hat bei ihrer Tätigkeit die Vorgaben des SSB und des Strahlenschutzrechts zu beachten. Dies sieht in besonderem Maße den Schutz des ungeborenen Lebens vor. Diese Sichtweise gilt auch außerhalb des Strahlenschutzrechtes. §55 (2) StrlSchV legt fest, dass: 

Einer schwangeren Person der Zutritt zu einem Kontrollbereich nur erlaubt werden darf, wenn der Strahlenschutzbeauftragte oder, wenn er die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt, der Strahlenschutzverantwortliche

a) ihr den Zutritt gestattet und

b) durch geeignete Überwachungsmaßnahmen sicherstellt, dass der besondere Dosisgrenzwert nach § 78 Absatz 4 Satz 2 des Strahlenschutzgesetzes eingehalten und dies dokumentiert wird,

Die Ärztin kann also nicht selber entscheiden, ob sie ihr Kind der Strahlung aussetzt oder nicht. Zudem müsste der SSB ohne Kenntnis über eine bestehende Schwangerschaft für alle Personen im Kontrollbereich Aufzeichnungen und Übewachungen durchführen. 

Da wir in diesem Forum keine juristischen Beratungen durchführen dürfen, möchte ich hier nur mein allgemeines Rechtsempfinden äußern. Danach wiegt der Schutz des ungeborenen Lebens deutlich höher als der Datenschutz. Zudem hätte die Ärztin die Frage nach einer Schwangerschaft nicht beantworten müssen. Sie hätte dann allerdings den Kontrollbereich nicht betreten dürfen. 

 

Mit freundlichen Grüßen

H. Lenzen

 

 

 

H. Lenzen

Sehr geehrte(r) Frau/Herr Juni,

wie schon beschrieben kann hier keine Rechtsberatung erfolgen. Ich möchte Sie daher an meiner langjährigen Erfahrung als SSB teilhaben lassen. Die Frage nach der Schwangerschaft wird derzeit in der Regel juristisch als unzulässig betrachtet. Die Ärztin wäre hier auch nicht verpflichtet gewesen wahrheitsgemäß zu antworten. Die Pflicht des Arbeitgebers ist über das Mutterschaftsschutzgesetz (MuSchG) aufzuklären bzw. durch Aushang darauf hinzuweisen. Die Anzeige der Schwangerschaft soll dabei durch die Schwangere selbst erfolgen. Ionisierende Strahlung fällt grundsätzlich in die Kategorie der "unverantwortbaren Gefährdung". Unabhängig davon muss der SSV bzw. der SSB des Bereiches Radiologie hier auf die Gefahren und Maßnahmen im Zusammenhang mit Schwangerschaften unterweisen und sicherstellen, dass nur unterwiesenes Personal Zutritt zu Kontrollbereichen hat. 

Insofern wird es nun beliebig kompliziert. Die explizite Frage nach der Schwangerschaft berührt die Punkte der Gleichstellung und Diskriminierung (nicht primär Datenschutz). Ein direktes: „Sind Sie schwanger?", ist nach meiner Auffassung weder durch MTRA, SSB noch Arbeitgeber gestattet. Lediglich die Frage nach der Unterweisung: „Wurden Sie bei der letzten Unterweisung hinsichtlich ionisierender Strahlung und Schwangerschaft unterwiesen?", scheint dagegen zulässig zu sein. Auch fachkundiges Personal muss mindestens jährlich unterwiesen werden. Ähnlich dem Patientenaufklärungsbogen sollte hier die Unterschrift unter der aktuellen Unterweisung der Ärztin vorliegen. Unter behandelte Themen der Unterweisung muss Schwangerschaft aufgeführt sein. Die Anweisung nach Schwangerschaft zu fragen ist unzulässig. Demnach stellt sich die Frage, ob die MTRA überhaupt fragen muss bzw. kann/muss sie einer rechtswidrigen delegierten Aufgabe widersprechen. Die MTRA kann hier auch davon ausgehen, dass der SSB seinen Aufgaben nachkommt und muss dies nicht kontrollieren. Den Zutritt zum Kontrollbereich kann nur der SSB untersagen.

Meine persönliche Einschätzung:

Die Beschwerde der Ärztin ist berechtigt, insbesondere wenn direkt nach einer vorliegenden Schwangerschaft gefragt wurde. Der SSB der Radiologie ist hier verantwortlich, dass auch bereichsfremdes Personal in der Rettungsstelle für den Einsatz im Kontrollbereich unterwiesen ist. Nur er kennt die möglichen Gefahren und vorgesehenen Maßnahmen. Die Unterweisung durch SSB aus Fremdbereichen ist nicht ausreichend. Bei Polytrauma ist es natürlich nachrangig zu klären, ob alle Anwesenden unterwiesen sind. Es stellt in dieser Situation sicherlich auch keiner die Frage, ob überhaupt eine Approbation der Ärztin vorliegt oder die MTRA ihre Fachkunde aktualisiert hat. Vielmehr hat der Arbeitgeber vorab organisatorisch sicherzustellen, dass in zeitkritischen Bereichen wie der Rettungsstelle, bereichsfremdes Personal zum Beispiel in gemeinsamen jährlichen Unterweisungen auf die Gefahren und Rechte im Zusammenhang mit vorliegender Schwangerschaft aufklärt ist oder das ein anwesender SSB jederzeit eine Kurzunterweisung in der Rettungsstelle vornehmen kann. Wünschenswert wäre natürlich auch ausreichend eigenes und unterwiesenes Personal in der Rettungsstelle.

Aus Sicht der MTRA ist der Vorgang sicherlich verstörend. Ich unterstelle ihr hier nur gute Absichten, die Kollegin vor möglichen Gefahren zu schützen. Ich hoffe sie finden hier eine interne professionelle Lösung, die nicht zu lasten des Betriebsklimas ausfällt.

 

Uwe Heimann

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